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Touristische Hinweisschilder an Österreichs Autobahnen

Gastautor Prof. Dr. Sven Groß | März 2024

Vorabauszug der neuen Studie von Prof. Dr. Sven Groß | Hochschule Harz

Studien zur Bedeutung der Ankündigungstafeln an Autobahnen in Österreich

Im Rahmen eines Forschungssemesters des Autors im Jahr 2019 stand die Wahrnehmung, Erinnerung und Verhaltensauswirkungen der touristischen Unterrichtungstafeln an deutschen Autobahnen im Mittelpunkt der Betrachtungen. Hierfür wurden drei verschiedene methodische Zugänge genutzt. Zum einen wurden Leitfadeninterviews und Erinnerungstest durchgeführt und zum anderen eine Online-Befragung. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen wurden in unterschiedlicher Art und Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Beiträge konnten ein hohes mediales Echo erzielen und Anfragen halten bis ins Jahr 2024 an. Da es ähnliche Schilder auch in anderen Ländern gibt, wurde 2023 eine Online-Befragung zu den sog. Ankündigungstafeln in Österreich durchgeführt.

Problemstellung und Ziel

Nach ausgiebiger Recherche und Auskunft verschiedener Institutionen gab es zum Zeitpunkt Online-Befragung in Österreich Ende 2023 keine Studien zur Wahrnehmung, Erinnerung und/oder Entscheidungsunterstützung durch die Ankündigungstafeln in Österreich. Ziel der Untersuchung war es daher herauszufinden, inwiefern die Ankündigungstafeln für kulturelle Sehenswürdigkeiten („braune“ Tafeln) und von bedeutenden touristischen Zielen („grüne“ Tafeln) an den österreichischen Autobahnen von Reisenden wahrgenommen werden, inwieweit diese in Erinnerung bleiben und ob hieraus Entscheidungen resultieren. Auch Ergebnisse zu den Fragen, wie viele Autofahrer bereits mindestens einmal von der Autobahn abgefahren sind, um spontan einen abgebildeten POI (Point of Interest) zu besuchen und ob sie einen der abgebildeten POI bewusst später schon einmal aufgesucht haben, werden betrachtet. Weiterhin geht es bspw. um Details zur letzten Abfahrt, zur Zufriedenheit mit den Ankündigungstafeln in Österreich und deren Wichtigkeit sowie um neun vorformulierte Ideen für die Zukunft der Ankündigungstafeln. Die ausführlichen Ergebnisse werden in Kürze im Buch „Touristische Beschilderung in Deutschland und Österreich – Wahrnehmung, Effekte, Entscheidungsverhalten“ beim UVK-Verlag veröffentlicht.

Anzahl an Ankündigungstafeln in Österreich

Zunächst wurde recherchiert, wie viele Ankündigungstafeln es in Österreich insgesamt gibt. Ende 2023 werden laut ASFINAG in ihrem Streckenbereich 525 kulturelle Ziele beschildert. Dies erfolgt sowohl in Form von Ankündigungstafeln (ca. 150 Schilder) als auch in Form von einzeiligen Einschüben auf Orientierungstafeln. Des Weiteren werden 598 touristische Ziele beschildert. Dies erfolgt ebenso in Form von Ankündigungstafeln als auch in Form von einzeiligen Einschüben auf Orientierungstafeln (vgl. Goisser 2023).

Methodik

Die Erhebung für die Online-Befragung wurde an die bilendi GmbH vergeben, die für die Erstellung des filtergeführten Online-Fragebogens, der auch via Smartphone beantwortet werden konnte, die Rekrutierung der Probanden, die Durchführung der Datenerhebung, das Hosting des Fragebogens und der Daten während der gesamten Laufzeit der Erhebung sowie die Lieferung der Daten verantwortlich war. Der Erhebungszeitraum fand vom 17. bis 22. November 2023 statt. Die Befragten benötigten im Durchschnitt ca. 16 Minuten (Median: 10 Min. 45 Sek.) zur Bearbeitung des Fragebogens. Zur Grundgesamtheit zählen deutschsprachige, in Privathaushalten lebende Internetnutzer zwischen 18 und 75 Jahren, die einen Pkw und/oder ein Motorrad und/oder ein Wohnmobil regelmäßig oder gelegentlich privat verwenden oder in diesen Beifahrer sind und die in den letzten zwölf Monaten auf Autobahnen in Österreich unterwegs waren. Die Stichprobe ist – unter den Einschränkungen einer quotierten Online-Stichprobe (weitere Informationen im Exkurs s. u.) – repräsentativ (Konfidenzniveau: 95%, Fehlerspanne: 4%) für die Grundgesamtheit der österreichischen Internetnutzer, denen ein Pkw im Haushalt zur Verfügung steht (n = 613). Als Merkmale für die Konstruktion der Stichprobe wurden das Alter, das Geschlecht sowie die Herkunft (nach Bundesland) verwendet.

Stift Melk Schallaburg: Die am häufigsten erinnerte Sehenswürdigkeit auf braunen Tafeln in Österreich.

Ergebnisse – Wahrnehmung

Fast alle österreichischen Probanden geben an, dass sie die Ankündigungstafeln entweder als Fahrer und/oder Beifahrer auf Autobahnen wahrnehmen. Bei der Wahrnehmung als Fahrer ergeben die TOP 2-Angaben („immer“ oder „meistens“) bei den „braunen“ Ankündigungstafeln 48,4% und bei den „grünen“ Ankündigungstafeln 49,6%, sodass kaum Unterschiede zu verzeichnen sind. Jede 11. Person (8,8%) nimmt als Beifahrer und jede 15. Person als Fahrer (6,7%) die Ankündigungstafeln von bedeutenden touristischen Zielen und kulturelle Sehenswürdigkeiten jedoch nicht wahr.

Ergebnisse – Erinnerung

Während bei den „braunen“ Ankündigungstafeln 55,7% der Befragten angeben, sich an mindestens ein Schild erinnern zu können, sind es bei den „grünen“ Ankündigungstafeln 38,3%. Etwas weniger als der Hälfte (44,3%) fallen im Umkehrschluss – auch nach längerem Nachdenken – keine Beispiele für „braune“ Ankündigungstafeln ein. Und bei den Ankündigungstafeln von bedeutenden touristischen Zielen („grün“) sind es fast zwei von drei Befragte (61,7%).

Ergebnisse – Entscheidungsverhalten

Aufgrund der zwei österreichischen Ankündigungstafeln ist ca. jeder fünfte Befragte (20,1%) bereits mindestens einmal von einer Autobahn abgefahren. 8,6% geben an, dies aufgrund einer „braunen Tafel“ und 5,2% aufgrund einer „grünen Tafel“ getan zu haben. Ein Teil der Probanden hat sich von beiden touristischen Ankündigungstafeln animieren lassen (6,2%).

In Deutschland ist dagegen fast jeder sechste Befragte (17,1%) bereits mindestens einmal aufgrund einer touristischen Unterrichtungstafel spontan von einer Autobahn abgefahren ist, um die abgebildete Sehenswürdigkeit, Stadt oder Landschaft zu besuchen.

Neben einer spontanen Abfahrt können die abgebildeten POI auch bewusst später besucht worden bzw. es kann die Absicht entstanden sein, diese zukünftig aufzusuchen. 5,1% haben aufgrund einer „grünen Tafel“ auf einer Rückfahrt mindestens einmal eines der abgebildeten, bedeutenden touristischen Ziele aufgesucht und 8,5% aufgrund einer „braunen Tafel“ eine kulturelle Sehenswürdigkeit. Weiterhin gibt ein Teil der Befragten an, einen wahrgenommenen POI zu einem späteren Zeitpunkt aufgesucht haben16,2% bei den „grünen Schildern“ und 22,5% bei den „braunen Schildern“. Somit haben im Umkehrschluss 58,9% der Befragten noch nie bewusst auf der Rückfahrt ein auf der Hinfahrt gesehenes Ziel oder zu einem noch späteren Zeitpunkt aufgesucht.

Das Potenzial für zukünftige Besuche ist relativ hoch. Nahezu zwei von drei Probanden können sich den Besuch eines auf einer Ankündigungstafel abgebildeten POI in Zukunft vorstellen. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die meisten Befragten mit „ja, eventuell“ antworten (40,1%). Ein Teil (7,5%) ist sich jedoch „ganz sicher“, dass sie in Zukunft eine auf einer Ankündigungstafel abgebildete Sehenswürdigkeit, Stadt oder Landschaft besuchen wollen.

Fazit

Die Ankündigungstafeln in Österreich werden von fast allen Probanden wahrgenommen werden und bleiben bei den meisten, zumindest teilweise, in Erinnerung. Daneben sind bei der Mehrheit verschiedene Verhaltensauswirkungen zu beobachten. Aufbauend auf den Ergebnissen können mehrere praktische Empfehlungen abgeleitet werden, die in der oben genannten Publikation ausformuliert sind.

Exkurs

Bei einer Quotenstichprobe wird versucht, eine Repräsentativität herzustellen, indem die Stichprobe derart konstruiert wird, dass sie bekannte Merkmalsverteilungen in der Grundgesamtheit korrekt abbildet. Die grundlegende Annahme ist, dass eine Stichprobe, die bekannte Merkmalsverteilungen im korrekten Verhältnis wiedergibt, auch für unbekannte Merkmalsverteilungen repräsentativ sein sollte. Diese Annahme ist in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten. Da nur Personen mit Internetzugang an der Befragung teilnehmen konnten und hiervon wiederum nur Personen, die Mitglieder des Panels sind, könnten bestimmte Einkommensschichten, Berufsgruppen o. Ä. über- oder unterrepräsentiert sein. Als wesentliches Argument für die Repräsentativität und Anwendbarkeit solcher Stichproben wird angeführt, dass sie sich in der Praxis vielfach bewiesen haben und wirtschaftlicher und schneller als Zufallsauswahlen sind. Im vorliegenden Fall musste auf eine quotierte Stichprobe zurückgegriffen werden, da kein vollständiges Verzeichnis der Grundgesamtheit existiert, das für die Realisation einer echten repräsentativen Zufallsauswahl zur Verfügung gestanden hätte. Weitere Nachteile solcher quotierter Auswahlen sind in der Literatur beschrieben, wie etwa der Effekt der Selbstselektion bei der Zusammenstellung des Panels und der Paneleffekt.

Gastautor:

Prof. Dr. Sven Groß
Hochschule Harz
Websites: www.hs-harz.de und www.hs-harz.de/sgross/zur-person
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